Entwicklung des Mehrdimensionalen Befindlichkeitsfragebogens (MDBF). Primärdatensatz.
Klinische PsychologieAutor*innen / Ersteller*innen
Steyer, RolfSchwenkmetzger, Peter
Notz, Peter
Eid, Michael
Abstract
Unter Befindlichkeit verstehen die Testautoren den aktuellen psychischen Zustand eines Individuums, der sich in Abgrenzung von anderen psychischen Eigenschaften wie folgt charakterisieren lässt (vgl. Steyer, Schwenkmezger, Notz & Eid, 1997): Befindlichkeit kennzeichnet das momentane innere Erleben und Empfinden eines Individuums ("erlebnismäßig repräsentiert") und nicht beobachtbares Verhalten. Eine Befindlichkeit ist im Gegensatz zu Gefühlen nicht auf spezifische Objekte (z.B. Personen, Dinge, Ereignisse, Organe) oder Situationen gerichtet und ist nicht an spezifische, erlebnismäßig präsente Ursachen gebunden. Sie lässt sich anhand dieser Kriterien von Einstellungen, Bedürfnissen und Organempfindungen abgrenzen. Im Gegensatz zu Motiven fehlt der Befindlichkeit die Zielgerichtetheit (Intentionalität) und im Vergleich zu Motiven und Persönlichkeitseigenschaften ist die Befindlichkeit durch eine geringere zeitliche Stabilität gekennzeichnet. Die Autoren vertreten ein mehrdimensionales Befindlichkeitskonzept. Sie gehen dabei auf Grundlage vorliegender Befunde sowie eigener exploratorischer und konfirmatorischer Faktorenanalysen (Eid, Notz, Schwenkmezger & Steyer, 1994) von der Bipolarität der zugrundeliegenden Stimmungsdimensionen aus. Der vorliegende Datensatz aus der Entwicklung des "Mehrdimensionalen Befindlichkeitsfragebogen" (MDBF) umfasst neben den Befindlichkeitsurteilen von 503 Vpn eine Vielzahl weiterer Angaben zu situativen und personalen Bedingungen. Der Fragebogen wurde zu vier Messzeitpunkten im Abstand von ca. 3 Wochen vorgelegt. Neben den Primärdaten werden auch Skalenwerte zum Mehrdimensionalen Befindlichkeitsfragebogen mitgeteilt.
Persistent Identifier
https://doi.org/10.5160/psychdata.srrf91en15Jahr der Publikation
2004Förderung
Zitiervorschlag
Studienbeschreibung
Forschungsfragen/Hypothesen:
Forschungsdesign:
Standardisiertes Testverfahren; mehrmalige Erhebung
Messinstrumente/Apparate:
Die Konstruktion der MDBF basiert auf der Latent-State-Trait-Theorie (LST-Theorie; z.B. Steyer, Ferring & Schmitt, 1992), einer Generalisierung der Klassischen Testtheorie, die explizit situative Effekte berücksichtigt. Im Rahmen der LST-Theorie wird der manifeste Testwert in einen "wahren" Zustandswert (State) und einen Messfehlerwert dekomponiert. Der wahre Zustandswert einer Person setzt sich additiv zusammen aus einem latenten Personwert (Trait) und einem messgelegenheitsspezifischem Wert, der durch die Situation und Interaktion von Situation und Person bedingt ist. Neben der Reliabilität werden Konsistenz und Variabilität (oder Messgelegenheitsspezifität) als weitere wichtige Kenngrößen definiert. Die Konsistenz ist ein Maß dafür, in welchem Ausmaß interindividuelle Unterschiede in den Testwertvariablen durch wahre Unterschiede zwischen den Personen bedingt sind. Die Messgelegenheitsspezifität ist ein Maß dafür, in welchem Ausmaß wahre interindividuelle Unterschiede in den Testwertvariablen durch situationsspezifische und interaktionale Einflüsse determiniert werden und ist somit ein Maß für die "Änderungssensitivität" eines Tests. Die Konsistenz- und Spezifitätskoeffizienten sind Varianzanteile, die sich zum Reliabilitätskoeffizienten addieren. Durch die dem MDBF zugrundeliegende messtheoretische Orientierung wird der Tatsache Rechnung getragen, dass emotionale Befindlichkeiten in starkem Ausmaß situationsabhängig sind.
Die Itemselektion wird ausführlich von Steyer, Schwenkmezger, Eid und Notz (1991; siehe auch Steyer et al., 1997) beschrieben. Es wurde ein Itempool aus den Items von 12 deutschsprachigen Befindlichkeitsskalen zusammengestellt. Jedes Item wurde mit Hilfe eines Computerprogramms von vier Diplom-Psychologen und vier Studierenden des Faches Psychologie anhand von sieben Ausschlusskriterien beurteilt (z.B. "Bezeichnet das Item ausschließlich ein beobachtbares Verhalten?"; "Wird mit dem Item ein körperlich lokalisierbarer Zustand bezeichnet?"). Die Itemselektionskriterien wurden aus dem Befindlichkeitskonzept der Testautoren hergeleitet bzw. dienten dazu, schwer verständliche bzw. semantisch ungeeignete Items auszuschließen. Diese Beurteilung bildete die Grundlage für die Auswahl von insgesamt 85 Items, die im Rahmen einer Voruntersuchung mit drei verschiedenen Antwortskalierungen (visuelle Analogskala, dichotome Antwortskala, siebenstufige Antwortskala) 544 Studierenden der Universität Trier vorgelegt wurde. Dabei führte die dichotome Antwortskalierung zu den unreliabelsten Testwerten, die anderen beiden Antwortskalierungen unterschieden sich nicht signifikant voneinander. Aufgrund dieser empirischen Ergebnisse und im Hinblick auf Analysen mit Modellen für kategoriale Variablen entschieden sich die Autoren für eine fünfstufige Antwortskalierung. Anhand faktorenanalytischer, itemstatistischer und theoretischer Auswahlkriterien wurde dann eine vorläufige Befindlichkeitsskala mit 58 Items zusammengestellt, welche die drei unten genannten Befindlichkeitsbereiche repräsentierten.
Diese vorläufige Befindlichkeitsskala wurde 503 Versuchspersonen (Altersbereich: 17 bis 77 Jahre) zu vier Messzeitpunkten (t1-t4) in jeweils ca. dreiwöchigem Abstand vorgelegt. Anhand des Vergleichs der faktoranalytischen Ergebnisse zu den vier Messzeitpunkten, itemstatistischer Kriterien und weiterer inhaltlicher Kriterien wurde eine erste Testversion mit 32 Items entwickelt (Steyer, Schwenkmezger, Notz & Eid, 1994), welche die Skalen "Gehobene-gedrückte Stimmung" (16 Items), "Wachheit-Schläfrigkeit" (8 Items) und "Ruhe-Unruhe" (8 Items) umfasste. Für die endgültige Testform (Steyer et al., 1997) wurde die Skala "Gehobene-gedrückte Stimmung" in "Gute-schlechte Stimmung" umbenannt und um die Hälfte gekürzt. Zudem wurde ein Item der Skala "Ruhe-Unruhe" ausgetauscht.
Die endgültige Version des MDBF besteht aus 24 Adjektiven mit fünfstufigem Antwortmodus, die den folgenden drei (bipolar konzipierten) Dimensionen zugeordnet werden:
(1) Gute-schlechte Stimmung (vier Items zur Kennzeichnung des Pols "gute Stimmung", vier Items zur Kennzeichnung des Pols "schlechte Stimmung");
(2) Wachheit-Müdigkeit (vier Items zur Kennzeichnung des Wachheitspols, vier Items zur Kennzeichnung des Müdigkeitspols);
(3) Ruhe-Unruhe (vier Items zur Kennzeichnung des Ruhepols, vier Items zur Kennzeichnung des Unruhepols).
Jedes Item wird auf einer fünfstufigen Intensitätsskala beantwortet. Die erste Kategorie wird mit "überhaupt nicht" bezeichnet, die fünfte Kategorie mit "sehr". Die anderen Kategorien erhalten keine verbale Kennzeichnung. Den Kategorien werden die Zahlen eins bis fünf zugeordnet.
Neben der aus 24 Items bestehenden Langform wurden zwei parallele Kurzformen, bestehend aus jeweils 12 Items, gebildet.
Zur Auswertung müssen die Items des "negativen" Befindlichkeitspols (schlechte Stimmung, Müdigkeit, Unruhe) rekodiert werden. Für jede Teilskala werden dann die Werte der entsprechenden Items aufsummiert, so dass die Werte pro Skala zwischen 8 und 40 variieren können.
Datenerhebungsmethode:
Erhebung in Anwesenheit eines Versuchsleiters
- Gruppenvorgabe
- Papier und Bleistift
Erhebung in Abwesenheit eines Versuchsleiters
- kontrolliertes Schneeballsystem, beim dem angeworbene Mitarbeiter unter bestimmten Massgaben Versuchspersonen rekrutierten, die den Fragebogen allein bearbeiteten.
Population:
Deutschsprachige Jugendliche und Erwachsene
Erhebungszeitraum:
Der Fragebogen wurden viermal im Abstand von ca. drei Wochen vorgelegt:
t1: 08.04.1991-27.05.1991
t2 15.05.1991-16.06.1991
t3: 26.05.1991-23.07.1991
t4: 14.06.1991-16.08.1991
Stichprobe:
Die Stichprobe ist eine Mischung aus einem Schneeballverfahren und einer Erhebung von eingeladenen Untersuchungsteilnehmern in Hörsälen der Universität Trier
Geschlechtsverteilung:
58,1% weibliche Probanden (n=292)
41,9% männliche Probanden (n=211)
Altersverteilung: 17 bis 78 Jahre
Räumlicher Erfassungsbereich (Land/Region/Stadt): Deutschland/Rheinland-Pfalz/Trier
Probandenrekrutierung:
Für die Gruppenuntersuchung wurden sowohl Studierende als auch Bürgerinnen und Bürger der Stadt Trier angeworben. Da zu erwarten war, daß die Teilnahme von Studierenden aufgrund des kurzen Anfahrtswegs und der Entlohnung besonders groß sein würde, wurde die Anzahl der Studierenden auf maximal 200 Personen begrenzt. Die Anzahl der Bürgerinnen und Bürger, die sich aufgrund zweier Zeitungsankündigungen telefonisch zur Teilnahme angemeldet haben, wurde nicht limitiert. Die Probanden, die zu allen vier Meßzeitpunkten teilgenommen hatten, erhielten als Honorar DM 40,- und DM 10,- Fahrtkostenzuschuß.
Als weitere Methode zur Untersuchung von Probanden, die nicht der Studierendenpopulation angehören, wurde ein kontrolliertes Schneeballverfahren angewandt. Hierbei wurden Studierende der Universität Trier angeworben, die ca. fünf bis zehn Versuchspersonen aus ihrem Bekanntenkreis für die Untersuchung anwerben und betreuen sollten. Unter dem betreuten Personenkreis durften sich höchstens zwei Studierende befinden. Die so gewonnenen Untersuchungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter händigten den von ihnen betreuten Probanden den Fragebogen zu einem vorher abgesprochenen Termin aus und nahmen den ausgefüllten Fragebogen wieder in Empfang. Die ausgefüllten Fragebögen wurden daraufhin den wissenschaftlichen Mitarbeitern des Projekts ausgehändigt, die den Untersuchungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern die Fragebögen der nächsten Erhebungswelle überreichten. Die Untersuchungsmitarbeiter erhielten nach Abschluß der Untersuchung für jede betreute Versuchsperson, die zu allen vier Meßzeitpunkten teilgenommen hatten, DM 10,-. Die Probanden bekamen ihre Teilnahme mit DM 40,- vergütet. Während diese Methode den Vorteil hat, daß mit einem relativ geringen Organisationsaufwand vor allem nichtstudentische Versuchspersonen untersucht werden können, ist sie jedoch mit einigen Problemen behaftet. So ist bspw. nur eine geringe Kontrolle der Beantwortung des Testverfahrens gegeben, da die Versuchspersonen beim Ausfüllen der Fragebögen nicht der Kontrolle durch die Versuchsleiter unterliegen. Um möglichst viele Störeinflüsse zu eliminieren, wurden die Untersuchungsmitarbeiterinen und Mitarbeiter ausführlich in die Ziele der Untersuchung eingeführt. Zusätzlich wurde die Zahl der zu betreuenden Probanden auf maximal 20 Personen limitiert. Die Untersuchungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter wurden darüber hinaus sorgfältig ausgewählt. Zusätzlich wurde sowohl mit den Untersuchungsmitarbeitern als auch mit den betreuten Probanden ein Vertrag abgeschlossen, in dem die geforderte Leistung und die dafür erhaltene Gegenleistung genau festgelegt wurden. Bei Vertragsbruch wurde das Honorar nicht ausbezahlt. Zusätzlich ermöglichte eine von den Mitarbeitern zu erstellende Adressenliste eine stichprobenartige Kontrolle des Untersuchungsverlauf.
Stichprobengröße:
503 Individuen
Rücklauf/Ausfall:
Von der Ausgangsstichprobe von 548 Versuchspersonen nahmen 511 Personen zu allen Messzeitpunkten teil. Der Drop out ist mit 7% als sehr gering zu betrachten. Von diesen 511 Datensätzen mussten die Daten von acht Personen wegen Auffälligkeiten (z. B. unvollständige Angaben, Antworttendenzen) ausgeschlossen werden.
MD5: 20d0fa21b5b87addc9c06dfa149b8235
MD5: d34f744c971e7f9bd69be4b59f1ca8b6
Position | Name | Label | Gültige Werte | Fehlende Werte |
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1
|
CODE
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Versuchspersonenkodierung
|
Zeichenkette "Bestehend aus insgesamt vier Buchstaben und Ziffern"
|
9 "Fehlender Wert"
|
2
|
T1SEX
|
Geschlecht (1. Messzeitpunkt)
|
1 "weiblich"
2 "männlich"
|
9 "fehlender Wert"
|
3
|
T1AGE
|
Alter (1. Messzeitpunkt)
|
17-78 "Jahre"
|
99 "fehlender Wert"
|
4
|
T1MZP
|
Messzeitpunkt (1. Messzeitpunkt)
|
1 "1. Messzeitpunkt"
|
9 "fehlender Wert"
|
5
|
T1TIME
|
Uhrzeit, zu der der Fragebogen ausgefüllt wurde (1. Messzeitpunkt)
|
1-24 "Uhr (Stunde)"
|
99 "fehlender Wert"
|
6
|
T1DAY
|
Datum des Tages, an dem der Fragebogen ausgefüllt wurde, Tagesangabe (1. Messzeitpunkt)
|
2-27 "Datum, Tag"
|
99 "fehlender Wert"
|
7
|
T1MON
|
Datum des Tages, an dem der Fragebogen ausgefüllt wurde, Monatsangabe (1. Messzeitpunkt)
|
4-5 "Datum, Monat"
|
99 "fehlender Wert"
|
8
|
T1ST01
|
Item 01 der Liste der Stimmungsadjektive (1. Messzeitpunkt)
|
1 "überhaupt nicht 1"
2 "2"
3 "3"
4 "4"
5 "sehr stark 5"
|
9 "fehlender Wert"
|
9
|
T1ST02
|
Item 02 der Liste der Stimmungsadjektive (1. Messzeitpunkt)
|
1 "überhaupt nicht 1"
2 "2"
3 "3"
4 "4"
5 "sehr stark 5"
|
9 "fehlender Wert"
|
10
|
T1ST03
|
Item 03 der Liste der Stimmungsadjektive (1. Messzeitpunkt)
|
1 "überhaupt nicht 1"
2 "2"
3 "3"
4 "4"
5 "sehr stark 5"
|
9 "fehlender Wert"
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Eingesetzte Testverfahren |
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Bohner, G., Schwarz, N. & Hormuth, S. E. (1989). Die Stimmungs-Skala: Eine deutsche Version des "Mood Survey" von Underwood und Froming (ZUMA-Arbeitsbericht Nr. 89/06). Mannheim: ZUMA.
PSYNDEX
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Fahrenberg, J. (1975). Die Freiburger Beschwerdenliste FBL. Zeitschrift für klinische Psychologie, 4, 79-100. (abgeänderte Form)
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Fahrenberg, J., Hampel, R. & Selg, H. (1984). Das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI und FPI-R). Handbuch (4. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
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Filipp, S. H. & Freudenberg, E. (1989). Fragebogen zur Erfassung dispositionaler Selbstaufmerksamkeit (SAM-Fragebogen). Göttingen: Hogrefe.
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Lazarus, R. S. & Cohen, J. B. (1977). Coping questionnaire. The hassles scale. The uplift scale: Unpublished paper. Berkeley: University of California. (deutsche Übersetzung)
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Steyer, R., Schwenkmezger, O., Notz, P. & Eid, M. (1997). Der Mehrdimensionale Befindlichkeitsfragebogen (MDBF). Göttingen: Hogrefe.
PSYNDEX
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Weiterführende Literatur |
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Eid, M. (1995). Modelle der Messung von Personen in Situationen. Weinheim: Psychologie Verlags Union.
PSYNDEX
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Schimmack, U. (1998). Der Mehrdimensionale Befindlichkeitsfragebogen (MDBF). Rolf Steyer, Peter Schwenkmezger, Peter Notz und Michael Eid. Diagnostica, 44, 166-168.
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Steyer, R., Ferring, D. & Schmitt, M. (1992). States and traits in psychological assessment. European Journal of Psychological Assessment, 8, 79-98.
PSYNDEX
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