Primärdaten der YOURGROWTH Studie: Psychische Gesundheit von jungen Geflüchteten: Eine Längsschnittstudie über zwei Jahre
Klinische PsychologieAutor*innen / Ersteller*innen
Eschenbeck, HeikeLohaus, Arnold
Braig, Johanna
El-Awad, Usama
Kerkhoff, Denise
Nilles, Hannah
Rüth, Jana-Elisa
Schmees, Pia
Abstract
Hintergrund: Die Forschungsstudie YOURGROWTH ist Teil des Projekts YOURHEALTH „Stress, Gesundheit und Integration junger Geflüchtete: Zusammenhänge entdecken und Zugang zum Gesundheitswesen verbessern“. Im Rahmen der Längsschnittstudie wurden die Entwicklungsverläufe junger Geflüchteter im Alter von 8 bis 18 Jahren nach der Ankunft in Deutschland untersucht.
Ziele: Das Ziel des Forschungsprojekts war es, Risikofaktoren, die mit negativen Entwicklungsverläufen verbunden sind, und Ressourcen, die mit günstigen Entwicklungsverläufen verbunden sind, zu identifizieren.
Methode: An insgesamt drei Messzeitpunkten im Abstand von ungefähr einem Jahr wurden Selbstberichtfragebögen zu Risikofaktoren, Ressourcen und Befinden von Kindern und Jugendlichen (n eine Teilnahme = 286, n zwei Teilnahmen = 171, n drei Teilnahmen = 97) an drei Studienstandorten in Deutschland ausgefüllt. Um eine möglichst große Anzahl an Personen zu erreichen wurde eine willkürliche Stichprobenziehung (convenience sampling) durchgeführt.
Implikationen: Dieses Wissen kann genutzt werden, um auf die spezifischen Bedürfnisse junger Geflüchteter zugeschnittene Unterstützung bereitzustellen.
Persistent Identifier
http://dx.doi.org/10.5160/psychdata.ekhe22pr18Jahr der Publikation
2024Förderung
Zitiervorschlag
01.05.2026
Studienbeschreibung
Forschungsfragen/Hypothesen:
Hauptziel der Studie war die Untersuchung der psychischen Gesundheit von jungen Menschen mit Fluchterfahrung im zeitlichen Verlauf, über einen Zeitraum von insgesamt zwei Jahren. Die generelle Annahme ist hier, dass sich im Längsschnitt über die Zeit Verbesserungen im Befinden und der psychischen Gesundheit der geflüchteten Kinder und Jugendlichen zeigen. Jedoch können dabei Unterschiede in den Entwicklungsverläufen mit einer mehr oder weniger günstigen Anpassung resultieren. Folglich sollen (1.) für den Entwicklungsverlauf relevante Risiko- und Schutzfaktoren identifiziert werden. Als mögliche Einflussfaktoren werden (a) frühere oder gegenwärtige traumatische Erfahrungen, (b) personale und soziale Ressourcen, (c) Akkulturationsstrategien, (d) Stressbewältigungsstrategien, (e) elterliches Erziehungsverhalten und (f) die Nutzung von Unterstützungsangeboten in Deutschland angenommen. Ferner wird mit der Realisierung dreier Standorte in Deutschland, Region Bielefeld, Hamburg und Region Stuttgart/Ostalbkreis, möglichen regionalen Unterschieden nachgegangen. Da davon auszugehen ist, dass nach der Flucht die Inanspruchnahme von Gesundheitsversorgungs- und Integrationsangeboten in der neuen Umgebung unterstützend auf die psychosoziale Anpassung der geflüchteten Kinder und Jugendlichen wirken, sollen (2.) mögliche Barrieren im Zugang zu Angeboten des Gesundheitssystems identifiziert werden.
Forschungsdesign:
Gemischtstandardisiertes Erhebungsinstrument (Kombination aus unterschiedlich standardisierten Teilen); mehrmalige Erhebung
Messinstrumente/Apparate:
Das Erhebungsinstrument besteht aus zahlreichen, zumeist bereits anderweitig publizierten Fragebögen. Alle verwendeten Fragebögen sind im Abschnitt „Eingesetzte Testverfahren“ aufgeführt.
Datenerhebungsmethode:
Erhebung in Anwesenheit eines Versuchsleiters
- Einzelvorgabe
- Gruppenvorgabe
- Papier und Bleistift
- computergestützt
Erhebung in Abwesenheit eines Versuchsleiters
- Andere Methode, und zwar: Bei einer Erhebung in Abwesenheit eines Versuchsleiters, wurde die VP immer telefonisch vom Versuchsleiter begleitet. Wahlweise lag der VP der Fragebogen entweder online oder im Paper-Pencil-Format vor. Eine ausschließlich telefonische Befragung wurde nicht durchgeführt um die Anonymität der Antworten der Vpn zu gewährleisten. Eine ausschließlich postalische oder Online Erhebung wurde nicht durchgeführt, um Rückfragen zu ermöglichen und um für das Wohl der VP zu sorgen.
Population:
Geflüchtete Kinder und Jugendliche aus Syrien, Afghanistan und Irak im Alter zwischen 8 und 18 Jahren (zum Zeitpunkt der ersten Erhebung) in der Region Stuttgart/Ostalbkreis, der Region Bielefeld und Hamburg
Erhebungszeitraum:
Datenerhebung mit drei Erhebungswellen. Akquise in Wellen T1 und T2:
T1: 15.01.2019 – 11.10.2019
T2: 20.01.2020 – 02.01.2021
T3: 11.01.2021 – 08.02.2022
Stichprobe:
Anfallende Stichprobe
Geschlechtsverteilung:
43,9 % n = 243 weibliche Teilnehmerinnen
53,2 % n = 295 männliche Teilnehmer
Altersverteilung: 7 – 20 Jahre zur Erstteilnahme
Räumlicher Erfassungsbereich (Land/Region/Stadt): Herkunftsländer: Syrien, Irak, Afghanistan, vereinzelt weitere Länder (z.B. Iran)/Region Stuttgart/Ostalbkreis, Region Bielefeld und Hamburg/-
Probandenrekrutierung:
Standort A: Weiterführend Schulen sowie Unterkünfte für Geflüchtete wurden postalisch, telefonisch oder vor Ort kontaktiert. An interessierte Einrichtungen, an denen Kinder/Jugendliche mit den Einschlusskriterien verfügbar waren, wurden Informationsmaterialien und Einverständniserklärungen für die Eltern postalisch verschickt. Ein Erhebungstermin wurde vereinbart, an welchem interessierte Kinder/Jugendliche erschienen oder diese mit den Lehrkräften/Sozialarbeiter*innen abgeholt wurden.
Standort B: Grund- und weiterführende Schulen sowie Unterkünfte für Geflüchtete wurden postalisch, telefonisch oder vor Ort kontaktiert. An interessierte Einrichtungen, an denen Kinder/Jugendliche mit den Einschlusskriterien verfügbar waren, wurden Informationsmaterialien und Einverständniserklärungen für die Eltern postalisch verschickt. Während an Grundschulen und in Wohneinrichtungen ein einzelner Termin vereinbart wurde, wurden für weiterführende Schulen die Erhebung auf zwei Termine (maximaler Abstand von einer Woche) aufgeteilt. Zu den Terminen wurden die Kinder und Jugendlichen in jeweils dafür bereitgestellten Räumen befragt.
Standort C: Sport- und Jugendvereine wurden mit Hilfe eines geschulten Jugendtrainers kontaktiert, welcher selbst über einen Fluchthintergrund verfügt. Informationsmaterialien zur Studie wurden postalisch an die Teilnehmenden verschickt. Eltern oder andere Verantwortliche wurden gebeten eine Einverständniserklärung zu unterzeichnen. Termine wurden einzeln telefonisch oder, in enger Absprache mit den Studienleitern, über den Jugendtrainer vereinbart.
An allen Standorten erhielten die Teilnehmenden eine Aufwandsentschädigung für ihre Teilnahme.
Stichprobengröße:
Insgesamt 918 Befragungen von 554 Kindern und Jugendlichen.
Rücklauf/Ausfall:
Fälle mit unzuverlässigen Angaben (z.B. Teilnehmende wirkten müde, unaufmerksam) oder anderweitig nicht verwertbare Daten sind im Datensatz gekennzeichnet (Variablen „Hinweis“, diese Variable wurde im Zuge der Anonymisierung gelöscht und „Ausschluss“). Einzelne durch Probleme in der Datenerhebung nicht verwertbare Datenpunkte wurden mit „-95“ markiert (siehe Codebooks).
Position | Name | Label | Gültige Werte | Fehlende Werte |
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1
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AHQ1
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Acculturation Hassles Questionnaire - Item 1
|
1 "Nie"
2 "1-2 Mal"
3 " 3-5 Mal"
4 "6-10 Mal"
5 "Mehr als 10 Mal"
|
-95 "fehlender Wert: keine Angabe"
|
2
|
AHQ2
|
Acculturation Hassles Questionnaire - Item 2
|
1 "Nie"
2 "1-2 Mal"
3 "3-5 Mal"
4 "6-10 Mal"
5 "Mehr als 10 Mal"
|
-95 "fehlender Wert: keine Angabe"
|
3
|
AHQ3
|
Acculturation Hassles Questionnaire - Item 3
|
1 "Nie"
2 "1-2 Mal"
3 "3-5 Mal"
4 "6-10 Mal"
5 "Mehr als 10 Mal"
|
-95 "fehlender Wert: keine Angabe"
|
4
|
AHQ4
|
Acculturation Hassles Questionnaire - Item 4
|
1 "Nie"
2 "1-2 Mal"
3 "3-5 Mal"
4 "6-10 Mal"
5 "Mehr als 10 Mal"
|
-95 "fehlender Wert: keine Angabe"
|
5
|
AHQ5
|
Acculturation Hassles Questionnaire - Item 5
|
1 "Nie"
2 "1-2 Mal"
3 "3-5 Mal"
4 "6-10 Mal"
5 "Mehr als 10 Mal"
|
-95 "fehlender Wert: keine Angabe"
|
6
|
AHQ6
|
Acculturation Hassles Questionnaire - Item 6
|
1 "Nie"
2 "1-2 Mal"
3 "3-5 Mal"
4 "6-10 Mal"
5 "Mehr als 10 Mal"
|
-95 "fehlender Wert: keine Angabe"
|
7
|
AHQ7
|
Acculturation Hassles Questionnaire - Item 7
|
1 "Nie"
2 "1-2 Mal"
3 "3-5 Mal"
4 "6-10 Mal"
5 "Mehr als 10 Mal"
|
-95 "fehlender Wert: keine Angabe"
|
8
|
AHQ8
|
Acculturation Hassles Questionnaire - Item 8
|
1 "Nie"
2 "1-2 Mal"
3 "3-5 Mal"
4 "6-10 Mal"
5 "Mehr als 10 Mal"
|
-95 "fehlender Wert: keine Angabe"
|
9
|
AHQ9
|
Acculturation Hassles Questionnaire - Item 9
|
1 "Nie"
2 "1-2 Mal"
3 "3-5 Mal"
4 "6-10 Mal"
5 "Mehr als 10 Mal"
|
-95 "fehlender Wert: keine Angabe"
|
10
|
AHQ10
|
Acculturation Hassles Questionnaire - Item 10
|
1 "Nie"
2 "1-2 Mal"
3 "3-5 Mal"
4 "6-10 Mal"
5 "Mehr als 10 Mal"
|
-95 "fehlender Wert: keine Angabe"
|
Eingesetzte Testverfahren |
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FRAK: Frankenberg, E., & Bongard, S. (2013). Development and preliminary validation of the Frankfurt Acculturation Scale for Children (FRACC-C). International Journal of Intercultural Relations, 37(3), 323-334. |
FRKJ: Lohaus, A., & Nussbeck, F. W. (2016). FRKJ 8-16 Fragebogen zu Ressourcen im Kindes- und Jugendalter: Hogrefe. |
HSCL: Bean, T., Eurelings-Bontekoe, E., Derluyn, I. & Spinhoven, P. (2004). Hopkins Symptom Checklist-37 for Adolescents (HSCL-37a): User’s Manual. Centrum ´45. |
KIDSCREEN-10: The KIDSCREEN Group Europe (2006) The KIDSCREEN Questionnaires: Quality of life questionnaires for children and adolescents—Handbook. Pabst Science Publishers. |
RATS: Bean, T., Eurelings-Bontekoe, E., Derluyn, I. & Spinhoven, P. (2004). Reactions of Adolescents to Traumatic Stress questionnaire (RATS): User’s manual. Centrum ´45. |
SLE: Bean, T., Eurelings-Bontekoe, E., Derluyn, I. & Spinhoven, P. (2004). Stressful life events (SLE): User’s Manual. Centrum ´45. |
SSKJ 3-8: Lohaus, A., Eschenbeck, H., Kohlmann, C.-W., Klein-Heßling, J. (2018). SSKJ 3-8 R: Fragebogen zur Erhebung von Stress und Stressbewältigung im Kindes- und Jugendalter - Revision. Hogrefe. |
Weiterführende Literatur |
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Bean, T., Derluyn, I., Eurelings-Bontekoe, E., Broekaert, E. & Spinhoven, P. (2007). Comparing psychological distress, traumatic stress reactions, and experiences of unaccompanied refugee minors with experiences of adolescents accompanied by parents. Journal of nervous and mental disease, 195(4), 288–97. https://doi.org/10.1097/01.nmd.0000243751.49499.93 |
Bean, T.M., Eurelings-Bontekoe, E. & Spinhoven, P. (2007). Course and predictors of mental health of unaccompanied refugee minors in the Netherlands: one year follow-up. Social Science & Medicine, 64(6), 1204–15. https://doi.org/10.1016/j.socscimed.2006.11.010 |
Berry, J. W. (1980). Acculturation as varieties of adaptation. In: A. M. Padilla (Ed.), Acculturation: theory, models and some new findings (pp. 9–25). Westview. |
Braig, J., Schmees, P., & Eschenbeck, H. (2021). Erfassung von Stress im Kontext von Migration und Akkulturation. In T. Ringeisen, P. Genkova & F. Leong (Eds.), Handbuch Stress und Kultur (2nd ed., pp. 243–262). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27825-0_42-1 |
Dangmann, C., Dybdahl, R. & Solberg, Ø. (2022). Mental health in refugee children. Current Opinion in Psychology, 48:101460. https://doi.org/10.1016/j.copsyc.2022.101460 |
Eschenbeck, H., Kohlmann, C.W. & Lohaus, A. (2007). Gender differences in coping strategies in children and adolescents. Journal of individual differences, 28(1), 18–26. https://doi.org/10.1027/1614-0001.28.1.18 |
Fazel, M., Reed, R. V., Panter-Brick, C. & Stein, A. (2012). Mental health of displaced and refugee children resettled in high-income countries: risk and protective factors. The Lancet, 379, 266–82. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(11)60051-2 |
Kohlmann, C. W., Eschenbeck, H., Heim-Dreger, U. & Tasdaban, E. (2012). Stressbewältigung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland und der Türkei: Interkulturelle Unterschiede in der Suche nach sozialer Unterstützung? Zeitschrift für Gesundheitspsychologie, 20(1), 22–26. https://doi.org/10.1026/0943-8149/a000058 |
Lazarus, R. S. & Folkman, S. (1984). Coping and adaptation. In: W. D. Gentry (Ed.), The handbook of behavioral medicine (pp. 281–325). Guilford. |
Lohaus, A., Beyer, A. & Klein-Heßling, J. (2004). Stresserleben und Stresssymptomatik bei Kindern und Jugendlichen. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 36(1), 38–46. https://doi.org/10.1026/0049-8637.36.1.38 |