Annahmen über den Menschen – Primärdaten einer Umfrage bei Studierenden der Psychologie u.a. Fächer

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Abstract

Das Menschenbild ist ein individuelles Muster von grundsätzlichen Überzeugungen, was der Mensch ist und welchen Sinn, welche Werte und Ziele das Leben hat (haben sollte). Jede Person lernt und entwickelt Annahmen über den Menschen und übernimmt dabei vieles, was für die eigene Familie, für Gruppen und Gemeinschaften typisch ist: soziokulturelle und religiöse Traditionen, Wertorientierungen und Antworten auf Grundfragen des Lebens. Die Antworten auf die Frage "Was ist der Mensch" gehören als Wesensbestimmungen in die Philosophische Anthropologie und als empirisch zu untersuchende Überzeugungen in die Psychologie, insbesondere in die Differenzielle Psychologie.
In einer vorausgegangenen Untersuchung waren die meisten Befragten der Ansicht, dass die jeweiligen Überzeugungen hinsichtlich des Leib-Seele-Problems wahrscheinlich Konsequenzen für die Theorien, die Methoden und die Berufspraxis von Psychologen, Ärzten und Richtern haben werden (Fahrenberg, 1999). Studierende der Psychologie im ersten Fachsemester kommen für diese Untersuchungen besonders in Frage, denn ihre Studienentscheidung und ihr späterer Beruf sind wahrscheinlich auch von ihrem Interesse an Menschen und an Sinnfragen motiviert.
Der Fragenbogen enthält 64 Fragen u.a. zu den Themen Gehirn und Bewusstsein, Willensfreiheit, Evolution, Religiosität und Interesse an Sinnfragen des Lebens, Gottes-Glauben, Theodizee-Problem, Wahrheit, Toleranz und Letztbegründung der Moral. Die Mehrzahl der Teilnehmenden sind Studierende der Psychologie an sieben Universitäten in West- und Ost-Deutschland (N = 563), außerdem Studierende der Philosophie, Theologie, Geistes- und Naturwissenschaften in Freiburg. Auch hier sind die meisten Befragten überzeugt, dass solche philosophischen Auffassungen hinsichtlich Gehirn und Bewusstsein (Leib-Seele-Problem) und Willensfreiheit wichtige Konsequenzen für die Berufspraxis von Psychotherapeuten, Ärzten und Richtern haben könnten.
Die Items wurden thematisch gruppiert und mit Cluster- und Faktorenanalysen untersucht. Wichtige Konzepte sind u.a. Monismus-Dualismus-Komplementarität, Atheismus-Agnostizismus-Deismus-Theismus, Einstellung zu Transzendenz-Immanenz, Selbsteinstufungen der Religiosität und des Interesses an Sinnfragen. Unter den Studierenden der Psychologie zeigten sich nur wenige Unterschiede zwischen Männern und Frauen, ersten und mittleren Semestern. Deutliche Unterschiede bestehen, vor allem in der Religiosität, zwischen Studierenden in den alten und den neuen Bundesländern. Die Datenbasis ermöglicht (nach Gewichtungen und Kontrollen) quasi-repräsentative Aussagen über wichtige Komponenten des Menschenbildes der Studienanfänger der Psychologie und lässt charakteristische Unterschiede zu den Studierenden von Naturwissenschaften erkennen.

Persistent Identifier

https://doi.org/10.5160/psychdata.fgjn05an08

Jahr der Publikation

Förderung

Zitierung

Fahrenberg, J. (2009). Annahmen über den Menschen – Primärdaten einer Umfrage bei Studierenden der Psychologie u.a. Fächer (Version 1.0.0) [Daten und Dokumentation]. Trier: Forschungsdatenzentrum am ZPID. https://doi.org/10.5160/psychdata.fgjn05an08

Studienbeschreibung

Forschungsfragen/Hypothesen:

Insgesamt handelt es sich um eine vorwiegend deskriptive Untersuchung. Insbesondere für die Studierenden im ersten Fachsemester Psychologie soll ein Profil grundlegender Überzeugungen beschrieben werden. Erwartet wurden Unterschiede zwischen den Studierenden im ersten Semester und in mittleren Semestern. In zwei wesentlichen Merkmalen, der Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft und in der Selbsteinstufung der Religiosität, werden Unterschiede zwischen Studierenden in West- und Ost-Deutschland erwartet, wie es bereits viele Repräsentativbefragungen zeigten. Das Vorwissen über die Themen des Fragebogens wird unterschiedlich sein, doch wird erwartet, dass dies wie in der vorausgegangenen Untersuchung kaum einen Einfluss auf die Einschätzung der beruflichen Implikationen hat. Erwartet werden deutliche Zusammenhänge zwischen (1) den Auffassungen über Seinsprinzipien Monismus-Epiphänomenalismus-Dualismus-Komplementarität und (2) dem Gottes-Glauben, d.h. Atheismus-Agnostizismus-Deismus-Theismus, (3) der Einstellung zu Transzendanz-Immanenz sowie (4) zu Paranormalen Phänomenen.
Mögliche Unterschiede zwischen Studierenden verschiedener Fächer (nur an der Universität Freiburg) sollten exploriert werden.

Forschungsdesign:

Vollstandardisiertes Erhebungsinstrument (Fragenformulierung und Antwortalternativen vorgegeben); einmalige Erhebung

Messinstrumente/Apparate:

Eine Vorversion des Fragebogens wurde für den Unterricht von Studienanfängern eingesetzt, um philosophisch-weltanschauliche Vorentscheidungen am Beispiel des Leib-Seele-Problems anzusprechen und nach möglichen Konsequenzen in der Psychologie zu fragen. Aus der für diese Untersuchung erweiterten Zielsetzung, mehr Themen einzubeziehen und nach der Strukturierung der Überzeugungssysteme zu suchen, stellten sich folgende Entwicklungsaufgaben für den neuen Fragebogen:

  1. Der Fragebogen soll für Studienanfänger verschiedener Fächer gleichermaßen geeignet sein, soll ohne Fachterminologie auskommen, keine philosophischen Klärungsversuche der zahlreichen sehr schwierigen Begriffe mitzuliefern versuchen, sondern sich mit dem vorhandenen Vorverständnis begnügen (allerdings auch erkunden, ob ein Interesse an solchen Sinnfragen besteht und sich jemand bereits mit dieser Thematik befasst hat).
  2. Das Menschenbild soll anhand ausgewählter, zentraler Überzeugungen beschrieben werden, wobei außer einfachen Items auch die Form eines Trilemmas oder eines inhaltlich gegensätzlichen Itempaares sowie Skalen verwendet werden.
  3. Der didaktische Aspekt soll erhalten bleiben, indem auf typische Standpunkte und markante individuelle Unterschiede aufmerksam gemacht wird.
  4.  Es soll wissenschaftskritisch nach den möglichen Konsequenzen gefragt (Relevanzbehauptung) und auf solche philosophischen Vorentscheidungen aufmerksam gemacht werden.
  5. Er soll methodisch geeignet sein zur Beschreibung von Mustern (Item-Clustern bzw. Überzeugungs-Systemen) und zur Prüfung von Korrelationshypothesen, Exploration von Gruppenunterschieden zwischen Studierenden der Psychologie, Philosophie, Theologie und Naturwissenschaften, Prüfung von Zusammenhängen mit Konfession und soziodemographischen Variablen u.a.

Der frühere Fragebogen wurde entsprechend revidiert, vereinfacht und zugleich um eine Anzahl von wichtigen Themen erweitert. Zu den Inhalten des Menschenbildes gehören die Themen Gehirn und Bewusstsein, Willensfreiheit, Religiosität und Interesse an Sinnfragen des Lebens, Gottessglauben und Atheismus, Transzendenz und Immanenz, Theodizee-Problem, Überzeugungen hinsichtlich übernatürlicher (paranormaler) Phänomene, Schöpfungslehre, Sonderstellung des Menschen in der Evolution, Anlage-Umwelt-Problem, Sinngebung des Lebens, Christentum und andere Religionen, Wahrheit, Toleranz und Letztbegründung der Moral, multi-kulturelle Einstellung.
Zu einigen Themen gibt es abgestufte Antwortmöglichkeiten als Skalen. Bei drei zentralen Themen wird das Problem als Trilemma präsentiert, so dass die Widersprüchlichkeit deutlich werden kann und vielleicht aus dieser Reflektion die eigene Position hervortritt. Die Überzeugungen (Auffassungen), die das Menschenbild beschreiben, wurden als Aussagesätze formuliert. Diese Thesen sind mit "stimmt" bzw. "stimmt nicht" zu beantworten. Es wurde darauf verzichtet, jeweils zwei Antwort-Alternativen auszuformulieren, um Antwort-Tendenzen, insbesondere die Bejahungstendenz, zu verringern. Einige Paare wurden jedoch als gegenläufige Thesen formuliert. Außerdem wurde ein möglichst einfacher Satzbau, ohne doppelte Verneinungen und mit möglichst wenigen Fachbegriffen und Fremdworten (nur in Klammern gesetzt) angestrebt.

Datenerhebungsmethode:

Erhebung in Anwesenheit eines Versuchsleiters

Population:

(1) Studienanfänger der Psychologie in Pflichtveranstaltungen des Grundstudiums (2) Studienanfänger der Fächer Philosophie, Theologie, Naturwissenschaften (Physik, Chemie u.a.), Geisteswissenschaften in Pflichtveranstaltungen des Grundstudiums (3) Studierende der Psychologie in mittleren (3. und 5. Semester)

Erhebungszeitraum:

Stichprobe:

Anfallende Stichprobe

Geschlechtsverteilung:

71,4 % weibliche Probanden (n=567)
28,6 % männliche Probanden (n=227)

Altersverteilung: 18-47 Jahre

Räumlicher Erfassungsbereich (Land/Region/Stadt): Deutschland

Probandenrekrutierung:

Aufforderung zur Teilnahme durch die Dozenten.
Die Fragebogen wurden mit der dankenswerten Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen in einzelnen Lehrveranstaltungen in Psychologischen Instituten in den alten und neuen Bundesländern ausgegeben.

Stichprobengröße:

796 Individuen

Rücklauf/Ausfall:

Fachbereich Psychologie: Von den insgesamt ca. 900 Anwesenden in den Lehrveranstaltungen nahmen 713 (83%) an der Fragebogenuntersuchung teil. Von diesen lieferten 93 (13%) unvollständige Fragebögen ab und wurden daher von der statistischen Analyse ausgeschlossen.
Andere Fachbereiche: Von den 305 Personen, die an der Untersuchung teilnahmen, wurden 53 (17%) aufgrund unvollständiger Fragebögen nicht in die weitere Auswertung einbezogen. Aufgrund fehlender Angaben zur Anzahl der Anwesenden in den Lehrveranstaltungen können hier keine weiteren Angaben zum Datenrücklauf gemacht werden.
Alle eingegangenen Fragebogen wurden ausgewertet, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllten:

  1. Die vier wichtigsten Items mussten beantwortet sein: die Auffassung der Seinsprinzipien, das Trilemma Gehirn-Bewusstsein, das Trilemma Willensfreiheit und die Gottes-Frage (Skala);
  2. In dem Variablen-Bereich von „BEFASST“ bis „GLAUB7“ sowie „ÜBERZ1“ bis „WAHR6“ durften höchsten 4 Items unbeantwortet sein.

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