Anonymisierte Transkripte und Kodiertabellen aus dem Projekt 'das Beschäftigungs-Gesundheits-Dilemma in der Corona-Krise'
Arbeits-, Organisations- und WirtschaftspsychologieAutor*innen / Ersteller*innen
Kößler, Franziska J.Wesche, Jenny S.
Hoppe, Annekatrin
Abstract
Die Corona-Krise verschärfte soziale Ungleichheiten und traf prekär Beschäftigte, die als Teil der „industriellen Reservearmee“ oftmals kurzfristige oder saisonale Arbeitskraft-Nachfragen abdecken, besonders hart. Während die Corona-Krise viele Einsatzmöglichkeiten prekär Beschäftigter reduzierte (z.B. im Tourismus), wurden u.a. in Gesundheitseinrichtungen zusätzliche Arbeitskräfte gebraucht. Letztere Arbeitstätigkeiten gingen jedoch häufig mit einem erhöhten Infektionsrisiko aber auch zusätzlichen Belastungen durch entsprechende Schutzvorgaben (z.B. Arbeit in spezieller Schutzkleidung) einher.
Aufgrund weniger, stark umkämpfter Erwerbsalternativen standen diese nicht-medizinischen Beschäftigten in Gesundheitseinrichtungen vor dem Dilemma zwischen einer (Weiter-)Beschäftigung und dem Schutz ihrer Gesundheit wählen zu müssen (Kößler et al., 2023). Eine besonders starke Ausprägung dieses Beschäftigungs-Gesundheits-Dilemmas (BG-Dilemmas) war besonders bei nicht-medizinischen Beschäftigten (z.B. Reinigungskräften) in Gesundheitseinrichtungen zu erwarten, da die Corona-Krise sie gleichzeitig mit einer wirtschaftlichen Bedrohung (wenigen alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten) und einer gesundheitlichen Bedrohung (Infektionsrisiko) konfrontierte.
Ziel des Projekts war es daher zu untersuchen, unter welchen Umständen die Kombination aus einer wirtschaftlichen und einer gesundheitlichen Bedrohung zu einem BG-Dilemma führte (Studie 1). Dabei sollte auch erfasst werden, wie die Beschäftigten mit wirtschaftlichen Bedrohungen, gesundheitlichen Bedrohungen und dem BG-Dilemma umgingen (Studie 2).
Zur Exploration des BG-Dilemmas wurden 42 qualitative Interviews mit 45 nicht-medizinischen Beschäftigten in Gesundheitseinrichtungen geführt. Die Interviews basierten auf einem teilstrukturierten Leitfaden, der partizipativ mit Betriebsräten und Beschäftigten vergleichbarer Einrichtungen erstellt wurde. Interviews wurden anschließend transkribiert und anonymisiert. Nach einer Datenbereinigung, bei der 6 Interviews aus methodischen Gründen (z.B., keine Beschäftigung im Gesundheitssektor, schlechte Audioqualität) und 9 Interviews aus inhaltlichen Gründen (bzw. aufgrund dessen, dass mind. eine der beiden Bedrohungen fehlte) ausgeschlossen wurden, wurden die verbleibenden 27 Interviews mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) ausgewertet. Hierzu bildeten zwei unabhängige Personen induktiv Kategorien anhand von Interviewausschnitten, die von wirtschaftlichen Bedrohungen, gesundheitlichen Bedrohungen, dem BG-Dilemma (Studie 1) und den Umgangsweisen (Studie 2)handelten.
Die Analysen zu Studie 1 zeigten, dass sich die Ursachen der wirtschaftlichen und der gesundheitlichen Bedrohung auf Gesellschafts-, Organisations- und Personenebene einordnen lassen. Beispielsweise trugen wegfallende Nebenjobs (Gesellschaftsebene), organisationsinterne Umstrukturierungsprozesse (Organisationsebene) und formale Ausbildungen (Personenebene) zur Wahrnehmung einer wirtschaftlichen Bedrohung bei. Die Wahrnehmung einer gesundheitlichen Bedrohung bedingten unter anderem die Verfügbarkeit von Impfstoff (Gesellschaftsebene), defekte Schutzausrüstung (Organisationsebene) und Kontakt zu Personen mit Vorerkrankungen (Personenebene). Das BG-Dilemma äußerte sich bei einem Teil der Interviewten, die das Gefühl hatten, dass die wirtschaftliche Bedrohung sie zwang ihre Beschäftigung trotz einer gesundheitlichen Bedrohung zu halten.
Die Analysen zu Studie 2 verdeutlichten, dass die Beschäftigten verschiedene Umgangsstrategien nutzten, die sich auf zwei Achsen verorten lassen. So konnten diese Strategien einerseits anhand ihrer Orientierung auf das Problem (z.B. Benennung von Problemen) oder Emotionen beschrieben werden (z.B. gedankliche Vermeidung). Andererseits zeichneten sie sich entweder durch einen kognitiven (z.B. Planung von Arbeitsschritten) oder behavioralen Modus aus (z.B. Stressabbau durch Freizeitaktivitäten).
Kößler, F. J., Wesche, J. S., & Hoppe, A. (2023). In a no‐win situation: The employment–health dilemma. Applied Psychology, 72(1), 64–84. https://doi.org/10.1111/apps.12393
Persistent Identifier
https://doi.org/10.5160/psychdata.krfa22be02Jahr der Publikation
2024Förderung
Hans-Böckler-Stiftung, DüsseldorfZitierung
Kößler, F. J., Wesche, J. S. & Hoppe, A. (2024). Anonymisierte Transkripte und Kodiertabellen aus dem Projekt 'das Beschäftigungs-Gesundheits-Dilemma in der Corona-Krise' (Version 1.0.0) [Daten und Dokumentation]. Trier: Forschungsdatenzentrum am ZPID. https://doi.org/10.5160/psychdata.krfa22be02Studienbeschreibung
Forschungsfragen/Hypothesen:
Forschungsdesign:
Kaum standardisiertes Erhebungsinstrument (Fragenbereiche vorgegeben; offenes Antwortformat); einmalige Erhebung
Messinstrumente/Apparate:
Die Daten wurden mit einem semistrukturierten deutschsprachigen Interviewleitfaden erhoben. Dieser enthielt offene Fragen und vier Fragen (nach hohen bzw. geringen gesundheitlichen bzw. ökonomischen Bedrohungen), die nach der Critical Incident Technique (Flanagan, 1954) gestaltet waren. Der Leitfaden wurde in Einzelinterviews eingesetzt, die im Schnitt etwa eine Stunde dauerten.
Der Leitfaden ist im Open Science Framework hinterlegt: https://osf.io/pvs5m/?view_only=b21ec59120704490ae4dbc896aa3774e
Datenerhebungsmethode:
Erhebung in Abwesenheit eines Versuchsleiters
- Telefonische Erhebung
- Andere Methode, und zwar: Videokonferenz-Erhebung
Population:
Nicht-medizinische Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen
Erhebungszeitraum:
2021-04-19 – 2022-04-08
Stichprobe:
Anfallende Stichprobe
Geschlechtsverteilung:
67 % weibliche Probandinnen
33 % männliche Probanden
Altersverteilung: M = 48.03 (SD = 9.83), Range: 25 – 62
Räumlicher Erfassungsbereich (Land/Region/Stadt): Deutschland/-/-
Probandenrekrutierung:
Die Rekrutierung lief über Gewerkschaftssekretär:innen und Vorarbeiter:innen. Diese erhielten nach einer kurzen Vorstellung der Studie Flyer, die sie unter interessierten Beschäftigten verteilen konnten. Die Teilnahme an den Interviews wurde mit 50 Euro vergütet.
Stichprobengröße:
N = 45, nach methodischer Bereinigung n = 36; nach inhaltlicher Bereinigung n = 27 – von diesen gab eine Personen kein Einverständnis zur Hinterlegung in einem Repositorium, womit 26 Interviews hinterlegt werden; von den Personen, die nach inhaltlicher Bereinigung ausgeschlossen wurden (n = 9), gaben zwei kein Einverständnis zur Archivierung, womit 7 Interviews hinterlegt werden.
Rücklauf/Ausfall:
Wir haben Personen aus methodischen Gründen ausgeschlossen, die in Managementpositionen oder außerhalb des Gesundheitssektors arbeiteten. Außerdem schlossen wir Personen aus, die eine Ausbildung innehielten, die mit einem Universitätsabschluss vergleichbar ist, oder die Fragen nicht selbst beantwortet haben (n = 5). Darüber hinaus schlossen wir ein Gruppeninterview mit vier Personen aufgrund der Tonqualität aus.
Aus inhaltlichen Gründen schlossen wir Personen aus, die keine gesundheitliche Bedrohung (n = 4) und/oder wirtschaftliche Bedrohung (n = 5) berichtet hatten. Diese sind in den archivierten Daten jedoch bei vorhandener Einverständnis mit der Archivierung hinterlegt und entsprechend gekennzeichnet „_ausgeschlossen“ (n = 7, da zwei Personen nicht ihr Einverständnis gaben).
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Weiterführende Literatur |
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Kößler, F. J., Wesche, J. S., & Hoppe, A. (2023). In a no‐win situation: The employment–health dilemma. Applied Psychology, 72(1), 64–84. https://doi.org/10.1111/apps.12393 |
Gahrmann, C., Kößler, F. J., Mytrofanova, M., & Klumb, P. L. (2024). Affective job insecurity as a boundary condition between workplace incivility and negative mood in migrant and non-migrant temporary agency workers. Occupational Health Science. Online advance article. https://doi.org/10.1007/s41542-024-00204-z |