Untersuchungen des Kommunikationslabors der Abteilung Sozialpsychologie und Forschungsmethoden der Freien Universität Berlin: Verteilen und Austauschen. Primärdaten.
SozialpsychologieAutor*innen / Ersteller*innen
Feger, HubertLorenz, Doreen
Czienskowski, Uwe
Abstract
Ausgangspunkt der vorgelegten Untersuchungsreihe war die 1966 im Journal of Experimental Social Psychology veröffentlichte Studie von Flament und Apfelbaum. Sie untersuchten den Einfluss der Kommunikation neutraler und positiver sozioaffektiver Werte auf die Gruppenstruktur, wobei die positiven und neutralen sozioaffektiven Werte durch versendbare Karten mit "+" gekennzeichnet oder leer waren. Es wurden 20 Gruppen zu je vier männlichen Pbn untersucht, die eine unterschiedliche Anzahl positiver Karten (d.h. unterschiedliche Ressourcen) zur Verfügung hatten. Die Autoren fanden heraus, daß sich im Verlauf der Austauschprozesse feste Austauschbeziehungen entwickeln: Die Ressourcestarken favorisierten sich im Verlauf des Experiments; nachdem die Ressourceschwachen vergeblich versucht hatten, die Koalition der Ressourcestarken zu stören, bildeten auch sie am Ende des Versuchs eine Koalition. Dieses Experiment wurde Ansatzpunkt weiterer Untersuchungen. So konnten Feger und von Hecker (1998) die Befunde nur teilweise replizieren. Biele (1998) schließlich untersuchte die kontinuierliche Verteilung von unterschiedlichen Punkteressourcen.
Auf diesen Untersuchungen aufbauend wird in der dokumentierten Studie das interne Austauschverhalten innerhalb von Gruppen untersucht. In einem computergestützten Experiment werden jeweils vier Probanden in einer Spielsituation zusammengefaßt. In jeder Spielrunde muß jeder Mitspieler einen vorgegebenen Teilbetrag des bei Spielbeginn zugewiesenen Startkapitals an einen Mitspieler weitergeben. Ziel des Spiels ist es, nach 200 Runden über einen möglichst hohen Geldbetrag zu verfügen.
Im experimentellen Design wird das bei Spielbeginn zugewiesene Startkapital variiert: In Studie 8 verfügen alle Spieler über das gleiche Startkapital (Bedingung "gleiche Ressourcenverteilung"), in Studie 9 wird den vier Spielern jeweils ein unterschiedliches Startkapital zugewiesen (Bedingung "unterschiedliche Ressourcenverteilung").
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie sind:
- Ressourcenstärkere werden von den Ressourcenschwächeren stärker bevorzugt. Versuchsteilnehmer, die mit mehr Ressourcen in das Spiel starteten, haben am Ende auch signifikant mehr an absoluten Geldbeträgen als die beiden Teilnehmer, die mit weniger Ressourcen in das Spiel starteten.
- Mehr Wahlerwiderung der Ressourceschwächeren gegenüber den Ressourcenstarken als zwischen den Ressourceschwachen.
- Zwischen den Ressourceschwachen bestand untereinander weniger Kontakt als zu den anderen Interaktionspartnern. Ressourceschwache orientieren sich lieber an den Ressourcestärkeren.
Persistent Identifier
https://doi.org/10.5160/psychdata.frht01ko26Jahr der Publikation
2004Förderung
Zitierung
Feger, H., Lorenz, D. & Czienskowski, U. (2004). Untersuchungen des Kommunikationslabors der Abteilung Sozialpsychologie und Forschungsmethoden der Freien Universität Berlin: Verteilen und Austauschen. Primärdaten. (Version 1.0.0) [Daten und Dokumentation]. Trier: Forschungsdatenzentrum am ZPID. https://doi.org/10.5160/psychdata.frht01ko26Studienbeschreibung
Forschungsfragen/Hypothesen:
- Bei Gruppen mit verschiedenen Ausgangsressourcen werden die Geldbeträge nicht gleich verteilt.
- Die Versuchspersonen wenden das Prinzip der Gegenseitigkeit und Wahlerwiderung an.
- Ressourcenstarke gehen mit mehr Geld aus der Untersuchung als Ressourcenschwache.
Forschungsdesign:
Experimentelles Design, Gemischtes Design, Laborexperiment; einmalige Erhebung
Messinstrumente/Apparate:
Die Versuchspersonen nahmen an einem computergestützten Spiel teil, in dem jeweils vier Personen zusammengefaßt werden. Jeder Spieler hat einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung, von dem er in jeder Runde einen Teilbetrag an einen der Mitspieler weitergeben muss. Die Versuchsteilnehmer werden instruiert, diesen Betrag so an einen Partner ihrer Wahl zu schicken, daß dieser dazu gebracht wird, ebenfalls Geld zu schicken. Der Kontakt zwischen den Spielern wird über ein Computernetz hergestellt. Da die Zuordnung zufällig ist, können die Versuchsteilnehmer aus der Anordnung der Computer nicht ermitteln, wer welcher der anderen Mitspieler ist.
Variiert wird die Versuchsbedingung:
Studie 8: Jeder Spieler erhält ein Startguthaben von DM 20,-. In jeder Runde werden genau 10 Pfennig an einen der Mitspieler weitergegeben (Aufteilung des Betrags nicht möglich). Untersucht wurden 10 Gruppen zu je 4 Spielern.
Studie 9: Die vier Spieler erhalten unterschiedliches Startguthaben von DM 30,- (Spieler M), DM 24,- (Spieler O), DM 16,- (Spieler L) und DM 10,- (Spieler N). In jeder Runde muß jeder Spieler den 200sten Teil seines Guthabens an einen Mitspieler weitergeben (Aufteilung des Betrags nicht möglich). Untersucht wurden 9 Gruppen zu je 4 Spielern.
In beiden Gruppen werden 200 Runden des Spiels gespielt. Das erspielte Geld wird den Versuchsteilnehmern nach dem Experiment ausgezahlt.
Die Zuweisung der Vpn zu den Gruppen, den Positionen innerhalb jeder Gruppe sowie der Versuchsbedingung "gleiche Ressourcenverteilung" vs. "ungleiche Ressourcenverteilung" erfolgte nach Zufall.
Datenerhebungsmethode:
Erhebung in Anwesenheit eines Versuchsleiters
- Gruppenvorgabe
- computergestützt
Population:
Erhebungszeitraum:
Studie 8: 28.11.2000 bis 12.12.2000
Studie 9: 06.02.2001 bis 28.02.2001
Stichprobe:
Anfallende Stichprobe
Geschlechtsverteilung:
Altersverteilung: 19-25 Jahre
Räumlicher Erfassungsbereich (Land/Region/Stadt): Deutschland
Probandenrekrutierung:
Zum Großteil Studierende des Diplomstudiengangs Psychologie (ca. 80%).
Die Studierenden erhielten nach Abschluß des Experiments das "erspielte" Geld ausgezahlt (ca. DM 20,-, abhängig vom Spielverlauf).
Stichprobengröße:
19 Gruppen (=76 Individuen)
Rücklauf/Ausfall:
MD5: e8bbeb268d04f1bbe9b3543bf09d3a34
MD5: d25b1cc516f878bc308c39b1e59a7480
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