Forschungsdaten der Münchner Longitudinalstudie zur Genese individueller Kompetenzen (LOGIK): Entwicklung der Schriftsprachkompetenz
EntwicklungspsychologieAutor*innen / Ersteller*innen
Schneider, WolfgangAbstract
Die Münchner "Longitudinalstudie zur Genese individueller Kompetenzen" (LOGIK) ist eine breit angelegte Untersuchung zur differentiellen Beschreibung von Entwicklungsverläufen kognitiver Kompetenzen und persönlicher Merkmale sowie zur Erklärung einiger individueller Entwicklungsunterschiede durch den Einfluß variabler Schul- und Unterrichtsbedingungen. Regelmäßig erfaßt wurden der sich verändernde Entwicklungsstand der Intelligenz, der Psychomotorik, des Denkens, des Gedächtnisses, des schulischen Wissens, der Motivation, einiger persönlicher Merkmale, der sozialen Kompetenzen und Präferenzen sowie des moralischen Urteilens und Handelns. Beginnend im Jahre 1984 erfolgten zunächst neun jährliche Erhebungswellen mit jeweils drei Messzeitpunkten. Untersucht wurden 205 Kinder ab dem Alter von vier Jahren aus 20 Kindergärten im Stadtgebiet München und im Raum Fürstenfeldbruck. In den Jahren 1997 und 1998 erfolgte mit den nunmehr 18-Jährigen eine Nachfolgeuntersuchung (Welle 10). Die bislang letzte Untersuchung (Welle 11) fand 2003 bis 2005 statt. Für diese Welle konnten noch 153 (74,6%) Probanden der Ausgangsstichprobe gewonnen werden. Die gesamte Studie erstreckt sich somit über einen Altersbereich vom Vorschulalter bis ins junge Erwachsenenalter (Schneider, 2008, Weinert, 1998).
Die Entwicklung des Lesens und Rechtschreibens wurde ab dem Grundschulalter untersucht. Neben der Stabilität individueller Unterschiede über die Zeit interessierte dabei außerdem, welche Rolle Vorläufermerkmalen für die Vorhersage des Lesens und Rechtschreibens zukommt. Die Befunde der LOGIK-Studie zeigen, dass insbesondere die phonologische Bewusstheit und die sprachgebundene Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, aber auch Buchstabenkenntnis und elementare Schreibkenntnisse wichtige direkte Vorhersagemerkmale für die Schriftsprachkompetenz darstellen und auch beträchtlich interkorrelieren.
Die individuellen Unterschiede in der Lese- und Rechtschreibleistung erwiesen sich bis ins Jugendalter und sogar über den Schulbesuch hinaus bis ins frühe Erwachsenenalter als stabil. Während sich die Rechtschreibleistungen in der Grundschulphase erheblich verbesserten, zeigen sich zwischen dem späten Jugend- und frühen Erwachsenenalter keine nennenswerten Leistungssteigerungen mehr. Als über die Zeit stabil zeigten sich auch Geschlechtseffekte dahingehend, dass weibliche Teilnehmer in den Lese- und Rechtschreibtests signifikant besser abschnitten.
Die Rechtschreibleistungen der LOGIK-Stichprobe weisen außerdem auf deutlich rückläufige Leistungsentwicklungen während der letzten vier Jahrzehnte hin (Schneider, 2008).
Persistent Identifier
https://doi.org/10.5160/psychdata.srwg05lo30Jahr der Publikation
2013Förderung
Max-Planck-Gesellschaft; VW-Stiftung; Jacobs FoundationZitierung
Schneider, W. (2013). Forschungsdaten der Münchner Longitudinalstudie zur Genese individueller Kompetenzen (LOGIK): Entwicklung der Schriftsprachkompetenz (Version 1.0.0) [Daten und Dokumentation]. Trier: Forschungsdatenzentrum am ZPID. https://doi.org/10.5160/psychdata.srwg05lo30Studienbeschreibung
Forschungsfragen/Hypothesen:
Die Hypothesen wurden im Verlaufe des Untersuchungsablaufs entwickelt.
Forschungsdesign:
Forschungsinstrument, standardisiertes Testverfahren, normiertes Testverfahren; mehrmalige Erhebung
Messinstrumente/Apparate:
Vorläuferfertigkeiten für Lesen und Schreiben wurden im Alter von 6 Jahren (3. Welle der LOGIK-Studie) einmalig erfasst. Dabei kamen folgende Erhebungsverfahren zum Einsatz:
Bielefelder Screening (BISC; Jansen, Mannhaupt, Marx & Skowronek, 1999)
Reimaufgabe nach Bradley & Bryant (1985)
Gedächtnisspannentest (vgl. Schneider, 2008)
Aufgaben nach Brügelmann (1986) (Aufgaben zu Silbentrennung, Buchstabenkenntnis, Worte schreiben, Zeichenkenntnis)
Florida Screening Test (Greenfield & Scott, 1985)
Untertest Textgedächtnis aus dem Heidelberger Sprachentwicklungstest (HSET) (Grimm & Schöler, 1978)
Rechtschreibtests wurden im Alter von 7, 8, 9, 10, 11, 18 und 23 Jahren als Längsschnittsanalysen durchgeführt. Die Erfassung der Rechtschreibkompetenz erfolgte durch Vorgabe von Rechtschreibproben, die von W. Schneider, H. Brügelmann und dem Team des Bielefelder Projekts entwickelt worden waren (Schneider & Näslund, 1999). Diese setzten sich zusammen aus Wörtern des Bayerischen Grundwortschatzes, dem Grundwortschatz der ehemaligen DDR sowie aus schwierigen, unvertrauten Wörtern einer Sammlung von Brügelmann (1986).
In Welle 5 wurden zu 2 Testzeitpunkten Wortdiktate,
in den Wellen 6, 7 und 8 Satzdiktate vorgegeben.
In den Wellen 10 und 11 wurde ein standardisierter Rechtschreibtest durchgeführt ("Moselfahrt", Althoff, Greif, Henning, Hess & Röber, 1974).
Im Alter von 7, 8 und 23 Jahren wurden Lesetests als Längsschnittsanalysen durchgeführt. Bei den Sieben-, bzw. Achtjährigen (Welle 4 und 5) wurden Aufgaben eingesetzt, die von Rott & Zielinski (1986) sowie Näslund (1990) entwickelt worden waren. In der 11. Welle bei den 23-Jährigen kamen ein Lesegeschwindigkeitstest- und Leseverständnistest (Schneider, Schlagmüller & Ennemoser, 2007) zum Einsatz, sowie Subtests, die bei der PISA 2000-Studie als Vortests verwendet worden waren.
Die Forschungsdaten der Lesetests der Welle 11 und teilweise der Welle 5 befinden sich noch in Bearbeitung und werden so bald wie möglich bereitgestellt. Bereits verfügbar sind die Forschungsdaten folgender Verfahren:
2 Leseaufgaben, die in der 4. Welle vorgegeben wurden;
Stroop-Aufgabe der 5. Welle, die zu zwei Messzeitpunkten durchgeführt wurde;
Phonetische Aufgabe, die in der 5. Welle eingesetzt wurde.
Datenerhebungsmethode:
Erhebung in Anwesenheit eines Versuchsleiters
- Einzelvorgabe
- Gruppenvorgabe
- Papier und Bleistift
Population:
Kinder (weiterverfolgt bis ins junge Erwachsenenalter)
Erhebungszeitraum:
1. Welle: 1984 - 1985
2. Welle: 1985 - 1986
3. Welle: 1986 - 1987
4. Welle: 1987 - 1988
5. Welle: 1988 - 1989
6. Welle: 1989 - 1990
7. Welle: 1990 - 1991
8. Welle: 1991 - 1992
9. Welle: 1992 - 1993
10. Welle: 1997 - 1998
11. Welle: 2003 - 2005
Stichprobe:
Auswahl von 20 Kindergärten im Stadtgebiet von München und im Raum Fürstenfeldbruck (Region München), die der Gesamtbevölkerung Deutschlands (BRD) im Jahr 1984 hinsichtlich sozioökonomischer Kriterien entsprachen. Nach Informationsveranstaltungen in den einzelnen Einrichtungen Rekrutierung von 205 Kindern. Nach dem ersten Erhebungsjahr (Welle 1) Neurekrutierung von ca. 20 Kinder.
Geschlechtsverteilung:
1. Welle: 49% weibliche Probanden (Pbn)(n=100); 51% männliche Pbn (n=105)
2. Welle: 48% weibliche Pbn (n=104); 52% männliche Pbn (n=113)
3. Welle: 48% weibliche Pbn (n=102); 52% männliche Pbn (n=111)
4. Welle: 49% weibliche Pbn (n=98); 51% männliche Pbn (n=105)
5. Welle: 48% weibliche Pbn (n=96); 52% männliche Pbn (n=104)
6. Welle: 48% weibliche Pbn (n=93); 52% männliche Pbn (n=100)
7. Welle: 48% weibliche Pbn (n=93); 52% männliche Pbn (n=101)
8. Welle: 47% weibliche Pbn (n=89); 53% männliche Pbn (n=100)
9. Welle: 47% weibliche Pbn (n=87); 53% männliche Pbn (n=99)
10. Welle: 47% weibliche Pbn (n=81); 53% männliche Pbn (n=93)
Altersverteilung: 4 – 12 Jahre (Welle 1 – 9); 18 Jahre (Welle 10); 23 Jahre (Welle 11)
Räumlicher Erfassungsbereich (Land/Region/Stadt): Deutschland/Bayern/München
Probandenrekrutierung:
Über 20 Jahre hinweg persönlicher Kontakt zu Eltern und Probanden durch dieselben psychologisch-technischen Assistentinnen. Kleinere Geschenke zu besonderen Anlässen. Jährliche Weihnachts- und Geburtstagsgrüße mit individuell ausgesuchten Postkarten. Angebot und Durchführung von individuellen Eignungsbeurteilungen für die schulisch-berufliche Laufbahn und allgemeinen Beratungsgesprächen durch die wissenschaftlichen Mitarbeiter. Herausgabe eines Newsletters für die Stichprobe in den frühen Erhebungswellen. Abschlussveranstaltung 1993 in festlichem Rahmen mit Geschenken. Kostenfreie Zusendung des Buches „Entwicklung im Kindesalter“. In den Wellen 10 und 11 Probandengelder und Angebot vergleichender Leistungsbeurteilung.
Stichprobengröße:
205 Individuen
Rücklauf/Ausfall:
Nach einem Ausfall von 13 Kindern in Welle 2 wurden 25 Kinder neu rekrutiert, so dass sich für die weiteren Wellen folgende Stichprobenumfänge ergaben: 217 in Welle 2; 213 in Welle 3; 204 in Welle 4; 200 in Welle 5; 195 in Welle 6; 194 in Welle 7; 189 in Welle 8; 186 in Welle 9; 176 in Welle 10 und noch 153 Probanden in Welle 11.
Die Rücklaufquote in Welle 11 betrug 74,6%.
Die Angaben zu den Stichprobenumfängen beziehen sich auf die LOGIK-Studie insgesamt. Die Probandenzahlen in den jeweiligen einzelnen Erhebungen können davon variieren.
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Eingesetzte Testverfahren |
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Althoff, K., Greif, S., Henning, G., Hess, R., & Röber, J. (1974). Rechtschreibungstests (R-T). Allgemeine Handanweisung für die Diktate C, D, E (2. Aufl.) Göttingen: Hogrefe. |
Bradley, L. & Bryant, P. E. (1985). Rhyme and reason in reading and spelling. Michigan: The University of Michigan Press. |
Brügelmann, H. (1986). Lese- und Schreibaufgaben für Schulanfänger. Universität Bremen: Studiengang Primarstufe. |
Greenfield, D. B., & Scott, M. S. (1985). A Cognitive Approach to Preschool Screening. Learning Disabilities Research, 1, 42-49. |
Grimm, H., & Schöler, H. (1978). Heidelberger Sprachentwicklungstest, H-S-E-T. Göttingen: Hogrefe. PSYNDEX |
Jansen, H., Mannhaupt, G., Marx, H., & Skowronek, H.(1999). BISC - Bielefelder Screening zur Früherkennung von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten. Göttingen: Hogrefe. PSYNDEX |
Rott, C., & Zielinski, W. (1986). Entwicklungsstufen der Lesefertigkeit in der Grundschule. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 18, 165-175. PSYNDEX |
Schneider, W. Schlagmüller, M., & Ennemoser, M. (2007). Lesegeschwindigkeits- und verständnistest für die Klassenstufen 6-12. Göttingen: Hogrefe. PSYNDEX |
Weiterführende Literatur |
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Schneider, W. (1994). Geschlechtsunterschiede beim Schriftspracherwerb: Befunde aus den Münchner Längsschnittstudien LOGIK und SCHOLASTIK. In S. Richter & H. Brügelmann (Hrsg.), Mädchen lernen anders als Jungen. Geschlechtsspezifische Unterschiede beim Schriftspracherwerb (S. 71-82). Konstanz: Libelle Verlag. PSYNDEX |
Schneider, W. (1997). Rechtschreiben und Rechtschreibschwierigkeiten. In F.E. Weinert (Hrsg.), Psychologie des Unterrichts und der Schule (Enzyklopädie der Psychologie, Serie I: Pädagogische Psychologie, Band 3) (S. 327-363). Göttingen: Hogrefe. PSYNDEX |
Schneider, W. (2008). Entwicklung, Diagnose und Förderung der Lesekompetenz im Kindes- und Jugendalter. In C. Fischer, F. Mönks & U. Westphal (Hrsg.), Individuelle Förderung: Begabungen entfalten – Persönlichkeit entwickeln; Band II: Fachbezogene Forder- und Förderkonzepte (S. 131-168). Münster: LIT Verlag. |
Schneider, W., Brügelmann, H., & Kochan, B. (1990). Lesen- und Schreibenlernen in neuer Sicht: Vier Perspektiven auf den Stand der Forschung. In Brügelmann, H. & Balhorn, H. (Hrsg.), Das Gehirn, sein Alfabet und andere Geschichten. DGLS-Jahrbuch "Lesen und Schreiben" Nr. 4 (S. 220-235). Konstanz: Faude PSYNDEX |
Schneider, W., & Stefanek, J. (2004). Entwicklungsveränderungen allgemeiner kognitiver Fähigkeiten und schulbezogener Fertigkeiten im Kindes- und Jugendalter. Evidenz für einen Schereneffekt? Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 36, 147-159. PSYNDEX |
Schneider, W., Stefanek, J., & Dotzler, H. (1997). Erwerb des Lesens und des Rechtschreibens: Ergebnisse aus dem SCHOLASTIK-Projekt. In Weinert, F. E. & Helmke, A. (Hrsg.), Entwicklung im Grundschulalter (S. 113-130). Weinheim: Psychologie Verlags Union PSYNDEX |