Berliner Jugendlängsschnitt "Jugendentwicklung und Drogen". Primärdaten der dritten Erhebungswelle (Jugendlichenstichprobe) 1984.

Entwicklungspsychologie

Autor*innen / Ersteller*innen


Abstract

Die Studie wurde von den Primärforschern in der Serie "Berichte aus der Arbeitsgruppe TUdrop Jugendforschung" zum Erhebungszeitpunkt wie folgt charakterisiert:
Gebrauch und Mißbrauch von Suchtmitteln durch Jugendliche sind Ausdruck allgemeiner Prozesse der Jugendentwicklung, deren Besonderheit nur im Kontext des Auseinanderlaufens von Jugend- und Erwachsenenkultur verstanden werden kann. Eine Schlüsselrolle zur empirischen Überprüfung kommt prospektiven Längsschnittstudien an Normalpopulationen zu. Mit Ausnahme einer Schweizer Studie wurden alle Untersuchungen dieser Art in den U.S.A. durchgeführt.
Selbst die führenden Studien von U.S.-Forschern wie Kandel, Jessor & Jessor oder Bentler genügen aber nicht den notwendigen Ansprüchen. Dies ist in theoretischen Defiziten (Ansätze der Jugendsoziologie und -psychologie sind kaum eingearbeitet) und Schwächen der empirischen Umsetzung (situationsspezifische Handlungskompetenzen und Szenenerfahrungen werden methodisch verkürzt erhoben) begründet. Drogenforschung und Jugendforschung haben dabei eins gemein: Personorientierte und situationsorientierte Ansätze stehen einander in Art verfeindeter Paradigmen unverbunden gegenüber.
Im Gegensatz hierzu hat die eigene Studie zum Ziel, ein theoretisches Modell zu entwickeln und zu prüfen, welches den Drogengebrauch als eine Strategie unter anderen versteht, mit der Heranwachsende Belastungen und Chancen ihrer Jugendzeit zu bewältigen trachten. Der Schwerpunkt liegt deshalb auf der Analyse der Bewältigung jugendtypischer Entwicklungsaufgaben und der Teilhabe an der Jugendkultur. Neben einer breiten Palette jugendlicher Verhaltensbereiche, Freizeitaktivitäten und Devianzen werden die jugendtypischen ökologischen Settings, nicht nur die mit Drogenszenen verbundenen, berücksichtigt.
Die Studie verwirklicht ein komplexes prospektives Längsschnittdesign, das über 2.000 Berliner Jugendliche aus drei Kohorten der Normalpopulation im Altersbereich von 11 bis 17 Jahren erfaßt. Die Erhebungen finden seit 1982 zumindest jährlich wiederholt statt. Um die unfruchtbaren Dichotomien in der Jugendforschung, wie personorientiert/situationsorientiert oder quantitativ/qualitativ zu überwinden, werden Entwicklungsmuster auf 3 Ebenen erfaßt. Die Ebenen lassen sich danach unterscheiden, wie die Interaktion von Person und Setting analysiert wird: Auf der Kovariationsebene werden Personmerkmale individuell gemessen, Informationen über die Settings beschränken sich aber auf aggregierte Massenstatistiken. Auf der Interdependenzebene werden umgekehrt die Settings durch Feldbeobachtungen und Interviews individuell erfaßt, während die Personmerkmale aggregiert sind, Auf der Transaktionsebene schließlich werden beide Seiten, Person und Setting, in Art von Fallstudien in ihrer realen Interaktion beobachtet. Zu beachten ist dabei, daß der Längsschnittcharakter auf allen Analyseebenen voll gewahrt wird.
Die Ergebnisse des Berliner Jugend-Längsschnitts werden Beiträge liefern zur Ätiologie des Gebrauchs und Mißbrauchs von Suchtmitteln, zur Planung von Präventionsmaßnahmen vornehmlich in der freien Jugendarbeit und allgemein zu Fragen der Jugendentwicklung unter den Bedingungen heutiger Jugendkultur.

Aus heutiger Perspektive läßt sich der Berliner Jugendlängsschnitt wie folgt zusammenfassen (Dr. Matthias Reitzle):
Die Leitlinie des Berliner Jugendlängsschnitts „Jugendentwicklung und Drogen“ bestand in der Erkenntnis, dass sich individuelle Entwicklung nicht losgelöst von kontextuellen Einflüssen vollzieht. Dabei wird das Individuum als handelnde Instanz, als Betreiber seiner eigenen Entwicklung gesehen. Ein zentrales Projektziel war die Erklärung jugendlichen Problemverhaltens, primär jugendlichen Substanzgebrauchs. Anders als in bis dato vorherrschenden Ansätzen wurde dem Gebrauch von Substanzen keine einseitig medizinische Ätiologie zugeschrieben, noch sollte er mit Personmerkmalen im Sinne einer Differentiellen Psychologie erklärt werden. Vielmehr wurde Substanzgebrauch als ein Verhaltensmerkmal im Entwicklungsprozess Jugendlicher betrachtet, zu dem es, z.B. im Hinblick auf Entwicklungsaufgaben wie Peerintegration, Identitätsbildung oder die Stabilisierung des Selbstwertgefühls, andere weniger risikoreiche funktionelle Äquivalente gibt. In diesem Sinne wurden neben Substanzgebrauch rund 40 weitere für die Persönlichkeitsentwicklung Jugendlicher relevante Merkmale untersucht. Die Studie folgte einem Kohorten-Sequenz-Design, bei dem eine Kohorte 11,5Jähriger zwischen 1982 und 1988 im jährlichen Abstand befragt wurde, parallel dazu bis 1985 eine Kohorte 14,5Jähriger. Im Jahre 1985 wurde erneut mit der Befragung 11,5Jähriger begonnen, die bis 1988 untersucht wurden. Die drei Stichproben beanspruchten Repräsentativität für West-Berlin hinsichtlich der für die Stichprobenziehung quotierten Merkmale Schultyp, Sozialstruktur des Einzugsgebiets der Schule, Stadtbezirk und Ausländeranteil des Bezirks. Entsprechend der theoretischen Leitlinie „Entwicklung im Kontext“ wurden die standardisierten Jugendbefragungen durch parallele Befragungen der Eltern, teilstrukturierte qualitative Interviews und ausgiebige standardisiert erfasste Beobachtungen an favorisierten Freizeitorten Jugendlicher (Setting-Analyse) ergänzt. Der Stichprobenverlust zwischen zwei aufeinanderfolgenden Erhebungswellen konnte zwischen 12 und 15 Prozent gehalten werden, sofern die Heranwachsenden über das Schulsystem erreichbar waren. So gelang es z.B. für die ab 1985 befragte Kohorte, eine Beteiligung von 65 Prozent Befragter mit kompletten vier Erhebungswellen zu erreichen. Für die Gewährleistung einer langfristigen Teilnahme wurden umfangreiche Maßnahmen der Stichprobenpflege eingesetzt. Neben dem theoretischen Hintergrund und den technischen Details der Studie werden ausgewählte Ergebnisse zur konstruktiven Rolle des Substanzgebrauchs in der Entwicklung Jugendlicher, zur Entwicklung im Kontext mit dem Schwerpunkt auf Freizeitorten und zu den Auswirkungen ökonomischer Einbußen der Familie auf die Entwicklung ihrer Kinder vorgestellt. Letztlich wird über die vorbereitenden Arbeiten zu einem geplanten Follow-up berichtet.

Bereitgestellt werden unter der vorliegenden PsychData-Kennung die Primärdaten der 1478 Probanden und 609 Variablen umfassenden Jugendstichprobe der dritten Erhebungswelle aus dem Jahr 1984 inklusive des zugehörigen Kodebuchs und einer Konkordanzliste, die über die Verwendung der Einzelitems über alle Erhebungswellen hinweg informiert.

Der Datensatz ist Teil einer Längsschnittstudie über sieben Wellen. Alle Datensätze werden in PsychData unter folgenden Kennungen publiziert: rems82be29, rems83be10, rems84be20, rems85be22, rems86be09, rems87be09, rems88be09.

Persistent Identifier

https://doi.org/10.5160/psychdata.rems84be20

Jahr der Publikation

Förderung

Deutsche Forschungsgemeinschaft; Si 296 / 1-1 bis 1-6

Zitierung

Silbereisen, R. K. & Eyferth, K. (2004). Berliner Jugendlängsschnitt "Jugendentwicklung und Drogen". Primärdaten der dritten Erhebungswelle (Jugendlichenstichprobe) 1984. (Version 1.0.0) [Daten und Dokumentation]. Trier: Forschungsdatenzentrum am ZPID. https://doi.org/10.5160/psychdata.rems84be20

Studienbeschreibung

Forschungsfragen/Hypothesen:

Forschungsdesign:

Gemischtstandardisiertes Erhebungsinstrument (Kombination aus unterschiedlich standardisierten Teilen); mehrmalige Erhebung

Messinstrumente/Apparate:

Den Jugendlichen wurde ein Fragebogen vorgegeben, der sich aus verschiedenen Einzelinstrumenten zusammensetzt. Die Antwortmöglichkeiten waren vorwiegend fest vorgegeben, teils auch in offenem Format möglich.
Über den Aufbau der einzelnen Instrumente wird in den vorliegenden Forschungsberichten detailliert informiert.

Datenerhebungsmethode:

Erhebung in Anwesenheit eines Versuchsleiters

Population:

Jugendliche (Altersspanne je nach Kohorte im Kohorten-Sequenz-Design)

Erhebungszeitraum:

Der Berliner Jugendlängsschnitt umfasst Daten von Jugendlichen aus sieben Erhebungswellen der Jahre 1982 bis 1988.
Unter der vorliegenden Kennung werden die Daten der dritten Erhebungswelle (Jugendstichprobe) aus dem Jahre 1984 bereitgestellt. Berücksichtigt wurde in dieser Erhebungswelle eine Kohorte A (7. und 8. Klassenstufe; im Schnitt 13,5Jährige) und eine Kohorte B (9. und 10. Klassenstufe sowie Schulabgänger; im Schnitt 16,5Jährige).

Stichprobe:

Quotenstichprobe

Geschlechtsverteilung:

49,7% weibliche Probanden (n=735; zum Messzeitpunkt 3)
50,3% männliche Probanden (n=743; zum Messzeitpunkt 3)

Altersverteilung: 11 bis 19 Jahre (2 Alterskohorten: Kohorte A: 11 bis 16 Jahre; Kohorte B: 12 bis 19 Jahre)

Räumlicher Erfassungsbereich (Land/Region/Stadt): Deutschland/-/Berlin (West)

Probandenrekrutierung:

Die Versuchspersonen wurden über die Schulen und Klassenlehrer rekrutiert und zum Großteil im Klassenverband befragt.

Stichprobengröße:

1478 Probanden

Rücklauf/Ausfall:

Von den 955 in Welle 3 befragten Jugendlichen der Kohorte A (13,5Jährige) konnten in den Folgewellen erreicht werden: 792 in Welle 4; 764 in Welle 5; 643 in Welle 6; 534 in Welle 7.
Von den 523 in Welle 3 befragten Jugendlichen der Kohorte B (16,5Jährige) konnten in den Folgewellen erreicht werden: 370 in Welle 4.

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Beschreibung: Deutsches Kodebuch zum Primärdatenfile rems84be20_pd.txt

rems84be20_iz.txt
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Beschreibung: Konkordanzliste der Items über die sieben Wellen des Berliner Jugendlängsschnitts