Zufallserfahrungen und Interessenstruktur. Primärdaten einer Untersuchung zum Wahlverhalten von Studienanfängern.
Andere BereicheAutor*innen / Ersteller*innen
von Maurice, JuttaScheller, Reinhold
Abstract
Vor dem Hintergrund der Verwendung des Zufallsbegriffs in der psychologischen und soziologischen Literatur erfolgt die Entwicklung eines Modells, das den Zufall in ein rationales Kalkül einbettet. Dabei werden neun Arten von Zufallserfahrungen auf einer Zielebene (Alternative, Wissen, Emotion) und einer Quellenebene (Person, Ereignis, Information) unterschieden.
Am Beispiel der Studienfachwahl wird erörtert, welche Relevanz zufälligen Erfahrungen beizumessen ist und inwiefern diese mit Merkmalen der Interessenstruktur einer Person in Beziehung stehen. Eine in diesem Zusammenhang durchgeführte Fragebogenerhebung an 217 Studienanfängern zeigt, daß 61.3% der Befragten mindestens eine zufällige Erfahrung berichten. Insbesondere erhöhen Zufallserfahrungen die Anzahl an Studienalternativen. Zufallserfahrungen werden von diesen Personen im Durchschnitt als eher wichtig für die Studienfachwahl eingestuft. Die Anzahl erinnerter Zufallserfahrungen sowie die Einschätzung ihrer Bedeutung korrelieren schwach negativ mit der Differenziertheit des Interessenprofils. Aus den Ergebnissen läßt sich ableiten, daß Zufallserfahrungen im Rahmen beruflicher Entwicklungsprozesse angemessen berücksichtigt werden sollten. Der Primärdatensatz der Erhebung sowie einige abgeleitete Variablen werden bereitgestellt.
Persistent Identifier
https://doi.org/10.5160/psychdata.meja92zu09Jahr der Publikation
2004Förderung
Zitiervorschlag
Studienbeschreibung
Forschungsfragen/Hypothesen:
Forschungsdesign:
Vollstandardisiertes Erhebungsinstrument (Fragenformulierung und Antwortalternativen vorgegeben); einmalige Erhebung
Messinstrumente/Apparate:
Erfassung der Bedeutung des Zufalls für die Studienfachwahl mit Hilfe des Zufallsinventars: Vorgelegt wurden Aussagensätze, die neun verschiedene Formen von Zufallserfahrungen abbilden. Die neun Zufallsformen werden durch die Zielebene (Alternative, Wissen Emotion) und die Quellenebene (Person, Ereignis, Information) aufgespannt. Die Probanden sollen zunächst angeben, ob die jeweilige Zufallserfahrung persönlich erlebt wurde (Markieren der nicht erlebten Zufallserfahrungen mit dem Wert 0). Die erlebten Zufallserfahrungen sollten dann nach ihrer Wichtigkeit sortiert werden (Vergabe der Werte 1 bis maximal 9). Das subjektiv wichtigste Item ist sodann hinsichtlich seiner allgemeinen Wichtigkeit auf einer sechsstufigen Likert-Skala von "sehr unwichtig" bis "sehr wichtig" einzustufen.
Erfassung der Bedeutung verschiedener Wahlaspekte für die Wahl des Studienfaches mit Hilfe des Inventars der Wahlaspekte: Vorgelegt wurden 28 Aspekte, die auf die Wahl des Studienfaches einwirken können. Jede der Erfahrungen war auf einer sechsstufigen Likert-Skala von "sehr unwichtig" bis "sehr wichtig" einzustufen.
Erfassung beruflicher Interessen nach dem Interessenmodell von Holland (1985) mit Hilfe des Allgemeinen Interessen-Struktur-Test AIST von Bergmann und Eder (1992): Vorgelegt wurden 60 Tätigkeiten aus unterschiedlichen Interessengebieten. Einzuschätzen war das Interesse an der Tätigkeit auf einer fünfstufigen Skala von "das interessiert mich sehr; das tue ich sehr gerne" bis "das interessiert mich gar nicht; das tue ich nicht gerne".
Erfassung der soziodemographischen Variablen Geschlecht, Alter, Studienfach, vorhergehende Berufsausbildung und vorhergehendes Studium.
Erfassung der subjektiven Sicherheit, das richtige Studienfach gewählt zu haben, mit Hilfe einer sechsstufigen Likert-Skala von "sehr unsicher" bis "sehr sicher".
Datenerhebungsmethode:
Erhebung in Anwesenheit eines Versuchsleiters
- Gruppenvorgabe
- Papier und Bleistift
Population:
Deutsche Studienanfänger
Erhebungszeitraum:
Oktober 1992
Stichprobe:
Anfallende Stichprobe
Geschlechtsverteilung:
56,2 % weibliche Probanden (n=122)
43,8 % männliche Probanden (n=95)
Altersverteilung: 18-34 Jahre
Räumlicher Erfassungsbereich (Land/Region/Stadt): Deutschland/Rheinland-Pfalz/Trier
Probandenrekrutierung:
Die Fragebogen wurden vor allgemeinen Informationsveranstaltungen der Zentralen Studienberatung der Universität Trier im Auditorium Maximum an die Studienanfänger verteilt und von diesen nach Abschluß der Veranstaltung bearbeitet. Die Veranstaltungsleiterin wies die anwesenden Studierenden auf die Erhebung hin und bat um Mitarbeit. Die Veranstaltung fand getrennt nach Fachbereichen an zwei Tagen statt.
Stichprobengröße:
217 Individuen
Rücklauf/Ausfall:
Es wurden insgesamt Fragebogen an 300 Probanden ausgegeben. Von diesen wurden 253 (84.3%) zurückgegeben. Davon mußten 36 von der weiteren Auswertung ausgeschlossen werden, da wichtige Angaben fehlten. Damit beträgt die Rücklaufquote verwertbarer Fragebogen 72,3%.
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MD5: 3ac52cc1bac5599d06a72df92112a933
Position | Name | Label | Gültige Werte | Fehlende Werte |
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1
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VPNR
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Versuchspersonennummer (intern vergeben)
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1-217 "Versuchspersonenkennung"
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999 "fehlender Wert"
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2
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AIST01
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Item 1 des Allgemeinen Interessen-Struktur-Tests (Skala "Praktisch-technische Orientierung [R]")
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1 "Das interessiert mich gar nicht; das tue ich nicht gerne"
2 "Das interessiert mich wenig"
3 "Das interessiert mich etwas"
4 "Das interessiert mich ziemlich"
5 "Das interessiert mich sehr; das tue ich sehr gerne"
|
9 "fehlender Wert"
|
3
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AIST02
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Item 2 des Allgemeinen Interessen-Struktur-Tests (Skala "Intellektuell-forschende Orientierung [I]")
|
1 "Das interessiert mich gar nicht; das tue ich nicht gerne"
2 "Das interessiert mich wenig"
3 "Das interessiert mich etwas"
4 "Das interessiert mich ziemlich"
5 "Das interessiert mich sehr; das tue ich sehr gerne"
|
9 "fehlender Wert"
|
4
|
AIST03
|
Item 3 des Allgemeinen Interessen-Struktur-Tests (Skala "Künstlerisch-sprachliche Orientierung [A]")
|
1 "Das interessiert mich gar nicht; das tue ich nicht gerne"
2 "Das interessiert mich wenig"
3 "Das interessiert mich etwas"
4 "Das interessiert mich ziemlich"
5 "Das interessiert mich sehr; das tue ich sehr gerne"
|
9 "fehlender Wert"
|
5
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AIST04
|
Item 4 des Allgemeinen Interessen-Struktur-Tests (Skala "Soziale Orientierung [S]")
|
1 "Das interessiert mich gar nicht; das tue ich nicht gerne"
2 "Das interessiert mich wenig"
3 "Das interessiert mich etwas"
4 "Das interessiert mich ziemlich"
5 "Das interessiert mich sehr; das tue ich sehr gerne"
|
9 "fehlender Wert"
|
6
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AIST05
|
Item 5 des Allgemeinen Interessen-Struktur-Tests (Skala "Unternehmerische Orientierung [E]")
|
1 "Das interessiert mich gar nicht; das tue ich nicht gerne"
2 "Das interessiert mich wenig"
3 "Das interessiert mich etwas"
4 "Das interessiert mich ziemlich"
5 "Das interessiert mich sehr; das tue ich sehr gerne"
|
9 "fehlender Wert"
|
7
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AIST06
|
Item 6 des Allgemeinen Interessen-Struktur-Tests (Skala "Konventionelle Orientierung [C]")
|
1 "Das interessiert mich gar nicht; das tue ich nicht gerne"
2 "Das interessiert mich wenig"
3 "Das interessiert mich etwas"
4 "Das interessiert mich ziemlich"
5 "Das interessiert mich sehr; das tue ich sehr gerne"
|
9 "fehlender Wert"
|
8
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AIST07
|
Item 7 des Allgemeinen Interessen-Struktur-Tests (Skala "Praktisch-technische Orientierung [R]")
|
1 "Das interessiert mich gar nicht; das tue ich nicht gerne"
2 "Das interessiert mich wenig"
3 "Das interessiert mich etwas"
4 "Das interessiert mich ziemlich"
5 "Das interessiert mich sehr; das tue ich sehr gerne"
|
9 "fehlender Wert"
|
9
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AIST08
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Item 8 des Allgemeinen Interessen-Struktur-Tests (Skala "Intellektuell-forschende Orientierung [I]")
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1 "Das interessiert mich gar nicht; das tue ich nicht gerne"
2 "Das interessiert mich wenig"
3 "Das interessiert mich etwas"
4 "Das interessiert mich ziemlich"
5 "Das interessiert mich sehr; das tue ich sehr gerne"
|
9 "fehlender Wert"
|
10
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AIST09
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Item 9 des Allgemeinen Interessen-Struktur-Tests (Skala "Künstlerisch-sprachliche Orientierung [A]")
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1 "Das interessiert mich gar nicht; das tue ich nicht gerne"
2 "Das interessiert mich wenig"
3 "Das interessiert mich etwas"
4 "Das interessiert mich ziemlich"
5 "Das interessiert mich sehr; das tue ich sehr gerne"
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9 "fehlender Wert"
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Eingesetzte Testverfahren |
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Bergmann, C., Eder, F. (1992). Allgemeiner Interessen-Struktur-Test. Weinheim: Beltz.
PSYNDEX
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Weiterführende Literatur |
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Bandura, A. (1982). The psychology of chance encounters and life paths. American Psychologist, 37, 747-755.
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Bäumer, T., Scheller, R., von Maurice, J. (1994). Der Einfluss von Zufallserfahrungen auf die Sudienfachwahl. Swiss Journal of Psychology, 53, 166-177.
PSYNDEX
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Cabral, A. C. & Salomone, P. R. (1990). Chance and careers: Normative versus contextual development. The Career Development Quarterly, 39, 5-17.
|
Holland, J. L. (1985). Making vocational choices. A theory of vocational personalities and work environments (2nd ed.). Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall.
|
Miller, M. J. (1983). The role of happenstance in career choice. Vocational Guidance Quarterly, 32, 16-20.
|
Munn, N. L. (1983). More on chance encounters and life paths. American Psychologist, 38, 351-352.
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Salomone, P. R. & Slaney, R. B. (1981). The influence of chance and contingency factors on the vocational choice process of nonprofessional workers. Journal of Vocational Behavior, 19, 25-35.
|
Scheller, R. & Greve, W. (1999). Rationale Beratung: Sackgasse oder Perspektive? Integrative Therapie, 25, 64-89.
PSYNDEX
|
Scheller, R. (1986). Die Bedeutung zufälliger Ereignisse für die Laufbahnentwicklung und Laufbahnberatung. Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, 82, 291-298.
PSYNDEX
|
Scott, J. & Hatalla, J. (1990). The influence of chance and contingency factors on career patterns of college-educated women. The Career Development Quarterly, 39, 18-30.
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